Pater Emmanuel Wagner (1853-1907). Fotograf, Visionär, Kalendermann ) (Teil 1)

Die Ausstellung wurde erstmals im August 2021 in der Sust Stansstad gezeigt. Nun ist sie vom 11. September bis 16. Oktober 2022 im Tal Museum Engelberg zu Gast. Ab Dezember 2022 folgt eine 2. Ausstellung zum künstlerischen Schaffen des Engelberger Mönchs.


Beitrag von Art TV über die Ausstellung:
 
https://www.arttv.ch/kunst/talmuseum-engelberg-pater-emmanuel-wagner/?embed=true
 
Pater Emmanuel Wagner war der erste Fotograf im Kloster Engelberg. Seine eigentliche Berühmtheit erlangte er jedoch als Kalendermann. In jedem von ihm redigierten «Nidwaldner Kalender» sind bildnerische Zukunftsvisionen aus seiner Feder zu sehen. 
 
Sinnbildlich für die jeweils im «Nidwaldner Kalender» veröffentlichten Zukunftsbilder steht die 1890 publizierte Zeichnung «Stansstad im 20. Jahrhundert» – ein Werk, das nur so von Visionen strotzt. Da fährt bereits eine aus dem Tunnel kommende Dampflokomotive beim Lopper über die Achereggbrücke. Pater Emmanuel Wagner hat damit ein Ereignis vorweggenommen, das erst 1964 Tatsache geworden ist. Elektrischen Strom gibt es auf dieser Zeichnung auch schon, und wer glaubt, dass das Luftschiff mit der Streckenbezeichnung «Luzern–Engelberg» der Fantasiewelt des Mönchs entsprungen ist, muss zur Kenntnis nehmen, dass es rund zwanzig Jahre nach dessen Tod im Jahre 1907 in Engelberg tatsächlich eine Start- und Landebahn für Flächenflugzeuge gegeben hat. Auf allen seinen jeweils im «Nidwaldner Kalender» veröffentlichten Zukunftsbildern kommt immer wieder in einem versteckten Winkel sein Humor zum Vorschein. So bezeichnete er die «Fotografiersucht» – so heisst eine 1901 veröffentlichte Zeichnung – als moderne Krankheit und damit das vorweggenommen, was mit den Handys heute zum Alltag gehört. Neben den Visionen von Pater Emmanuel Wagner sind in der Ausstellung auch Portraits von bekannten Zeitgenossen, aber auch Illustrationen für die von ihm geschriebenen Kalendergeschichten zu sehen. Viele der Zeichnungen widerspiegeln das Leben in Nidwalden und im Engelbergertal und sind aufgrund der detailgetreuen Abbildung von Kleidung und Gegenständen auch interessant für die wissenschaftliche Volkskunde.
 
Bilder aus der Frühzeit der Fotografie
Dies gilt auch für die erstmals gezeigten Fotografien von Pater Emmanuel Wagner. Während Jahrzehnten blieben seine fotografischen Arbeiten unentdeckt. Sie werden erst jetzt mit der Ausstellung in der Sust einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Die Bildwirkung ist verblüffend, und das Geheimnis liegt wohl bei den Fotografierten selber, die mal etwas starr, mal freundlich-naiv, mal in 2 leichter Geschäftspose auf den Bildern erscheinen. Im Gegensatz zum Maler konnte der Fotograf das Bild weder verändern noch leicht idealisieren oder einer Szenerie unterordnen. Er wollte mit seinen Aufnahmen keine Kunstfotos, sondern Zeitdokumente schaffen. Interessant ist dabei sein stets bewusster Bildaufbau, der seine Fotokunst so einzigartig macht.
 
Der Kalendermann
Seine eigentliche Berühmtheit erlangte Pater Emmanuel Wagner jedoch durch seine Tätigkeit für den «Nidwaldner Kalender», den er in den Jahren 1890 bis 1907 redigierte. In dieser Zeit sind selten Beiträge enthalten, die nicht aus seiner Feder stammen. Wagner drückte dem Hauskalender seinen persönlichen und unverwechselbaren Stempel auf. Seine nie versiegende Erfindungsgabe, seine hervorragende Kenntnis der nidwaldnerischen Geschichte und Denkungsart, die Kunst, Alltägliches originell zu gestalten, und die Liebe zu seinem Heimatkanton führten dazu, dass der Kalender immer mehr zum Klassiker wurde. Und niemandem fiel es ein, den Redakteur dafür zu tadeln, dass er ganz selbstverständlich Engelberg in die Nidwaldner Berichterstattung miteinbezog.